Der Kappzaum - warum er ein unerläßliches Utensil für die Bodenarbeit ist.
- Patricia Kestel
- 5. Jan. 2022
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 28. Feb. 2022
Für die Bodenarbeit bzw. die Arbeit an der Longe finden viele Utensilien Anwendung. Die einen longieren und arbeiten mit einem Halfter oder abgewandelten Formen davon, andere hängen die Longe direkt in die Trense ein oder in eine Longierbrille oder sie verwenden auch gerne ein Knotenhalfter.
Für mich kommt das Longieren am Gebiss deshalb nicht in Frage, weil allein das Gewicht der Longe schon zuviel Druck im Pferdemaul erzeugt. In der Bewegung schwingt die Longe und gibt zusätzlich irritierende Signale, die ich im Pferdemaul nicht haben möchte.
Vielleicht kann es mal kurzfristig für ein besonders heftiges Pferd verwendet werden, um in extremen Situationen Einfluß nehmen zu können, aber grundsätzlich ist diese Methode wenig geeignet, um ein Pferd an feine Hilfen zu gewöhnen. Das Pferd kann durch den dauernden Gebrauch auf diese Art eben auch im Maul sehr abstumpfen oder anfangen sich einzurollen, um dem unangenehmen Gefühl zu entgehen.
Am Halfter kann man ein besonders braves, ruhiges, gut erzogenes und fein reagierendes Pferd schon mal longieren. Jedoch ist das Arbeiten damit sehr unpräzise. Ich kann nicht genau auf einzelne Kopfpartien einwirken und seine Vorhand nicht einstellen
Und das Halfter verrutscht natürlich sehr leicht am Kopf, wenn es sich in die Longe heineinlehnt oder zur Seite wegspringt.
Am wenigsten in Frage kommt für mich das Knotenhalfter. In meinen Augen hat es am Pferd eigentlich überhaupt nichts zu suchen.
Es hat eine besonders scharfe Einwirkung, die ich durch die lose Lage am Pferdekopf nicht einmal genau beeinflussen kann. Es kann sehr leicht verrutschen und außerdem das Pferd sehr verletzen. Genaueres könnt ihr dazu im Artikel über Knotenhalfter lesen.
Wenn ich ein Pferd professionell ausbilden möchte, kommt für mich dazu nur ein „Werkzeug“ in Frage. Und das ist der Kappzaum.

Leichter, korrekt sitzender und verschnallter Kappzaum mit wenig Leder am Kopf und drei Ringen auf dem Nasenstück.
Der Kappzaum sieht einem Halfter ähnlich. Es gibt ihn aus verschiedenen Materialien, z.B. Leder oder Nylon, und auch in etwas unterschiedlich gestalteten Varianten und Ausführungen. So kann der Nasenstück des Kappzaums noch zusätzlich mit Leder unterlegt sein. Manche bringen viel Leder ans Pferd, andere wenig.
Das besondere am Kappzaum ist eben das Nasenstück. Dieses besteht aus einem Eisenteil, das mit Leder ummantelt ist. Manchmal ist das Eisenteil blank und dafür aber mit Leder unterpolstert.
An diesem Nasenstück ist entweder ein Ring mittig oder drei Ringe - einer in der Mitte, die anderen seitlich davon - befestigt. Der mittlere ist beweglich (bzw. sollte es sein). Dieser ist auch der wichtige. Auf die beiden äußeren kann auch verzichtet werden.

Das linke Bild zeigt das mit Leder ummantelte, glatte Nasenstück des Kappzaums im Detail. Hier mit drei Ringen versehen. Der mittlere ist beweglich. Links unten im Bild der Kappzaum richtig angelegt an den Pferdekopf.

Was macht nun diesen Kappzaum so besonders geeignet zur Arbeit vom Boden aus?
Zum einen ist die beschriebene Form wichtig (wie ich noch nähern erläutern werde), zum anderen die Lage am Pferdekopf. Das korrekte Anlegen am Pferdekopf ist auch entscheidend für den Nutzen.
So muß der Kappzaum recht eng verschallt werden, so daß er am Kopf des Pferdes nicht verrutschen kann. Dies ist auch schon einer der großen Vorteile, denn so kann man damit sehr präzise - und auch feine - Hilfen und Signale geben. Extrem wichtig ist, daß das Naseneisen sich in der Biegung (Krümmung) der Form der Pferdenase anpaßt bzw. angepaßt ist. Es darf nicht zu weit oder zu eng sein. Es sollte optimal und gleichmäßig anliegen, damit es keine Druckspitzen und Hohlräume gibt.
Manche Modelle sind deshalb mit Gelenken ausgestattet. Aber auch hier ist dann darauf zu achten, daß das Nasenstück nicht zu wuchtig ist, aber auch nicht zu klein.
Das Nasenstück darf bzw. soll nicht zu tief verschallt werden, damit es nicht auf dem feineren und dünneren Ende des Nasenbeins zu liegen kommt, sondern etwas unterhalb des Jochbeins - dort wo das Nasenbein stabiler ist.
Eben genannte Beschreibung deutet schon darauf hin, daß der Kappzaum auch eine gewisse Schärfe besitzt. Diese brauche ich vor allem bei kraftvollen Pferden, die heftig werden können, um mir in Grenzsituationen Gehör verschaffen zu können.
Grundsätzlich möchte ich aber solange das Pferd mir zuhört, sehr fein, leicht und weich auf das Pferd einwirken. In erster Linie soll bei der Arbeit vom Boden das Pferd sich an meiner Körpersprache orientieren. Zusätzlich kann ich dann leichte Signale am Nasenstück geben, um das Pferd zu stellen und zu biegen, den Kopf zu senken usw. Ich kann mit diesem Werkzeug - wie mit keinem anderen - am leichtesten dazu kommen, es wenig oder gar nicht zu gebrauchen.
In die seitlichen Ringe kann ich Wiener oder Laufferzügel zum longieren verschnallen. Oder auch Zügel, um das Pferd damit gebißlos zu reiten. Bei Pferden mit wenig Ganaschenfreiheit und schweren Hälsen besteht jedoch hier die Gefahr, daß das Pferd sich auf den Kappzaum lehnt und stützt und somit schwer auf der Vorhand wird und sich nicht mehr selbst trägt. So gesehen sind diese Ringe nicht wirklich wichtig.

Verwendung des ordentlich angepaßten Kappzaums beim Longieren.
Eine Variante zum Kappzaum ist die Serreta. Die Serreta hat ein Naseneisen, das nach unten hin mit kleinen Zacken versehen ist. Sie besitzt somit eine besonders scharfe Einwirkung und kann Pferde bei unsachgemäßem Gebrauch sehr verletzen. So gehört dieses Utensil - wenn überhaupt - nur in fachgerechte Hände oder besser gar nicht ans Pferd.
Eine gute Alternative zum Kappzaum ist der Caveçon. Er ist ähnlich aufgebaut wie der Kappzaum, unterscheidet sich allerdings im Nasenstück. Dieses besteht aus einer Fahrradkette, die mit Leder weich ummantelt ist. Der Vorteil der Kette ist, daß sie sich jeder Nasenform anpaßt.

Gut an den Pferdekopf angepaßter Caveçon. Im unteren Bild ist noch das Nasenstück im Detail zu sehen.

Links im Bild das leichte Nasenstück des Caveçons mit drei Ringen.
Der Caveçon eignet sich besonders gut für feine, sensible und kooperative Pferde. Pferde, die eher viel Ganaschenfreiheit und längere (und verhältnismäßig dünnere) Hälse haben. Die Einwirkung für starke und mitunter heftige Pferde ist hier zu schwach.
An manchen Pferdeköpfen rutscht der Caveçon unter Umständen. Man muß hier ausprobieren, ob der Caveçon zu dem jeweiligen Pferd paßt.
Ich hoffe, du findest damit nun den richtigen Draht zu deinem Pferd. Viel Spaß bei der Arbeit wünscht,
Patricia
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