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Die Versammlung - eine Frage der Haltung

  • Patricia Kestel
  • 20. Jan. 2022
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 16. Apr. 2024

Was ist Versammlung, wozu brauche ich sie, wie sieht sie aus, wann reite ich in Versammlung?


Eine kurze Definition

Wann oder ab wann sollte ein Pferd in Versammlung geritten werden?
Wozu ist sie gut oder wozu brauche ich sie überhaupt?

Also grundsätzlich schauen wir uns erst einmal an wie die richtige Versammlung aussieht.


Tatsächlich glauben viele Reiter, wenn sie z.B. das Tempo im Schritt, Trab und Galopp einfach extrem drosseln, daß das Pferd dann versammelt ginge.

Das Pferd einfach nur besonders im Tempo zu regulieren, hat leider mit Versammlung ganz und gar nichts zu tun. Es heißt eben lediglich, daß das Pferd langsam geht. Weiter nichts.

Wird das Pferd lediglich im Tempo zurück genommen, verliert es an Schwung und Impulsion. Das macht die Pferde steif.


Aber was macht nun die Versammlung aus, wenn es das Verlangsamen nicht ist.


Eines der Hauptmerkmale:
In der Versammlung beugt das Pferd die Hanken.

Was sind "die Hanken"?

Unter "Hanken" versteht man die großen Gelenke der Hinterhand:

- das Kreuzbein-Darmbeingelenk

- das Hüftgelenk

- das Knie

- das Sprunggelenk


Ist das Pferd versammelt, schließt es diese Gelenke - mehr oder weniger stark, aber es schließt sie. Somit beugt sich die Hinterhand.

Die Hinterhand mit Kruppe kommt somit tief. Sie nimmt in dieser Haltung Last auf und das hat zur Folge, daß sich damit auch die Vorhand anheben kann.


Ein besonders wichtiger Effekt der Hankenbeugung ist das Aufwölben der Lendenregion. Dadurch wird der Rücken in eine waagerechte (aufgewölbte) Position gebracht, durch die er tragfähig sein kann.


Dies ist also die Position, in der das Pferd seinen Reiter schadlos tragen kann. Dies ist die Position, in der das Pferd im Gleichgewicht gehen und sich bewegen kann.

Nur so kann Leichtigkeit entstehen.

Nur so kann sich das Pferd tänzerisch bewegen.

Und nur so bleibt das Pferd kraftvoll und gesund.


Es gehört ebenfalls zur Versammlung, daß sich die Vorhand anhebt:

- Vorderbeine halten sich senkrecht (nicht rückständig!)

- Widerrist ist angehoben

- das Brustbein hebt sich und damit

- hebt sich der Rumpf an

- der Rücken hebt sich, hält sich tragfähig waagerecht


So ist das Pferd vorne leicht.



In dieser Haltung kann es den Hals aus der Halsbasis positiv aufwölben. Das Genick kann der höchste Punkt sein.


Auch hier nochmals zur Erinnerung:

Das Genick ist der Part direkt hinter den Ohren. Es ist nicht irgendein anderer Punkt am Hals, sondern genau dieser. Und genau dieser Punkt - der Abschnitt hinter den Ohren - muß oben sein.

Warum? Weil sonst einzelne Abschnitte der Halsmuskulatur unter Spannung bzw. Dauerspannung geraten. Durch die Muskelketten im Körper des Pferdes, verspannen auch die übrigen Körperpartien.

Außerdem kann sich ein Pferd nicht aufrichten, wenn das Genick nicht höchster Punkt ist.


Der Genickwinkel ist immer offen. Die Nasenlinie ist maximal an der Senkrechten, gerne lieber davor. Niemals dahinter.


So sollte es also aussehen.


In einer starken Versammlung wie z.B. dem versammelten Trab wird das Pferd dann natürlich langsamer, weil sich die Trittlänge verkürzt. Die Energie - der Esprit, die Impulsion - bleibt aber gleich hoch wie im starken Trab. Ich nehme dabei keine Energie weg wie beim bloßen Drosseln des Tempos.


Warum soll oder muß ich mein Pferd versammelt reiten?

Wenn das Pferd nicht in dieser versammelten Haltung geht, ist es nicht in Balance, nicht im Gleichgewicht.

Unter dem Reiter sollte das Pferd aber immer im Gleichgewicht gehen, um sich selbst schadfrei zu halten und um leicht und fein auf Hilfen reagieren zu können.

Außerdem kommt das Pferd nur in dieser Haltung dazu, den Reiter zu tragen, mit tätiger Rückenmuskulatur sich bewegen zu können und Kraft aufbauen bzw. erhalten zu können.


Passend dazu möchte ich Jean Claude Racinet sinngemäß zitieren:

"Beim Reiten gilt es, das Pferd in die Haltung zu bringen, daß es sich unter dem Reiter genauso in Balance bewegen kann, wie in freier Bewegung ohne den Reiter. "

Wir dürfen nicht vergessen, daß sobald wir AUF dem Pferd sitzen, es ein "Reittier" ist und kein freies Pferd mehr. Demnach kann und darf die Haltung auch nicht frei und undefiniert sein.


Wann oder ab wann soll oder muß ich ein Pferd in Versammlung reiten?

Die Antwort ist einfach: Immer und möglichst zeitnah.


Nur der Grad der Versammlung variiert. Ein Pferd, daß noch nicht so viel Kraft und Beweglichkeit hat, reite ich nicht sehr stark versammelt und ich mache viele Pausen am langen Zügel.

Das fortgeschrittenere Pferd kann ich dann schon auch mal stärker versammeln und die Versammlungsphasen insgesamt länger durchhalten.

Aber im Prinzip sollte die Haltung immer so aussehen wie oben beschrieben. Nur dann hilft sie dem Pferd.


An diesem Punkt sei noch etwas zu Dressurlektionen wie z.B. Seitengänge gesagt, weil das die Lektionen sind, die besonders viele Reiter noch zum Gymnastizieren einsetzen. Es ist absolut falsch und schädlich für das Pferd, wenn das Pferd diese nicht in der beschriebenen Haltung geht. Häufig sieht man Pferd, die mit falschem Knick, tiefem Widerrist und hoher Kruppe diese Lektion absolvieren müssen. In dieser Haltung ist diese Übung im besten Fall sinnfrei und unnütz, im schlimmeren und sehr wahrscheinlichen Fall schadet sie dem Pferd.


In diesem Sinne: tut euren Pferden etwas Gutes, nehmt euch einen sehr guten Trainer und erarbeitet mit ihm zusammen die gute und gesunde Haltung für euer Pferd.


Euer Pferd wird es euch danken mit Freude an der Arbeit, mit Ausdruck in den Bewegungen und mit anhaltender Gesundheit.


Liebe Grüße, Patricia

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