Zickig, widersetzlich, arbeitsunlustig, depressiv... ? Könnte es ein Magengeschwür sein?
- Patricia Kestel
- 5. Apr. 2022
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 11. Apr. 2022
Da es leider häufig übersehen und auch unterschätzt wird, möchte ich das Thema Magengeschwür einmal besprechen und dich bitten, dein Pferd immer wieder genau daraufhin anzuschauen und ggf. zu unterstützen. Man kann hier auch lieber mal prophylaktisch arbeiten, denn ein ausgewachsenes Magengeschwür wird dann problematisch, während leichtere Entzündungen oder Magenschleimhautläsionen noch relativ leicht in den Griff zu bekommen sind.

Das Thema Magengeschwür hat man früher gerne den Sportpferden zugeordnet, da diese stress- und kraftfutterbedingt immer wieder Magengeschwüre gezeigt haben. Man war der Meinung, daß Freizeitpferde nicht in dem Maße zu Magengeschwüren neigen, weil sie weniger Stress hätten und andere Haltungsbedingungen haben.
Diese Haltungsbedingungen können aber genauso Stress verursachen, falsches Training und schlecht angepaßte Ausrüstung tun ihr übriges, um auch dem "Freizeitpferd" Stress zu bereiten.
Neue Erkenntnisse zeigen daher, daß die geschätzten Zahlen bei den Freizeitpferden nicht richtig ist. Die geschätzte Zahl dürfte in etwa ebenso hoch sein wie bei den Sportpferden, nämlich 80% der Pferde dürften an Magenproblemen leiden. Es wird nur bei Freizeitpferden meist nicht entdeckt oder untersucht.
Die Symptome dazu sind vielfältig und man muß sie anschauen:
- Flehmen,
- übermäßig viel Gähnen,
- Aufstoßen,
- Mundgeruch,
- Kotwasser,
- Durchfall,
- Kolikneigung,
Symptome bei der Arbeit und beim Reiten sollten auch beachtet werden:
- Übermäßiges schäumen im Maul beim Reiten,
- Probleme beim Gurten,
- Empfindlichkeiten in der Gurtlage und Brustbereich,
- Probleme die Bauchmuskeln anzuspannen (und über den Rücken zu gehen),
- Probleme bei der Aufmuskelung,
- spanniges, kurztrittiges Laufen und viele mehr.
Das Magengeschwür entsteht meistens durch Fehler in der Fütterung und der Haltungsbedingungen unserer Pferde mit viel zu langen Freßpausen und ggf. auch noch Stress in der Herde.
Schauen wir uns kurz die Anatomie und Funktion des Pferdemagen an:
Der Magen des Pferdes ist ein einhöhliger Magen ähnlich wie bei Fleischfressern auch. Er hat in etwa die Form einer gekrümmten Blase und ähnelt damit dem der Menschen. Hier wird die Nahrung chemisch und mechanisch aufgearbeitet.
Mit 12-15 l Fassungsvermögen ist er, im Vergleich zur Körpermasse und dem Rest der Verdauungsorgane, ein relativ kleines Organ mit einem vorderen Eingang und einem hinteren Ausgang. Wird der Nahrungsbrei in den Magen gegeben, verhindert ein Schließmuskel, daß die Nahrung wieder zurück in die Speiseröhre kommt.
Wichtig zu wissen ist, daß der Magen aus zwei "Abteilungen" besteht. In der vorderen befindet sich eine drüsenlose Schleimhaut. In der hinteren "Abteilung" besitzt der Magen viele Drüsen, die Magensäure zur Verabeitung des Nahrungsbreis produzieren. Diese Säure besteht u.a. aus Salzsäure und Pepsin. Die Drüsen produzieren permanent Magensäure, auch dann, wenn sich kein Nahrungsbrei im Magen befindet. Wenn das Pferd länger als 4 Stunden eine Freßpause hat, entsteht eine "Pfütze" an Magensäure, die im Magen liegen bleibt. Solange die Säure im hinteren Teil verbleibt, besteht relativ wenig Gefahr, da hier die Magenwand gut gegen die Säure geschützt ist. Wenn das Pferd sich dann allerdings viel bewegt, kann dann die Magensäure in den vorderen Teil schwappen und die dort empfindlichen Magenschleimhäute angreifen.
Wenn das regelmäßig passiert, entstehen zunächst kleine Läsionen in der Magenschleimhautwand und irgendwann schließlich handfeste Magengeschwüre. Werden diese nicht behandelt, können sie in den Bauchraum durchbrechen. Magensäure ergießt sich in den Bauchraum und kann zu bedrohlichen Entzündungen führen.
Es macht also Sinn, immer aufmerksam zu bleiben und das Pferd zu unterstützen.
Ganz wichtig: Man sollte natürlich auch immer einen Tierarzt dazu zu Rate ziehen und das Pferd von ihm untersuchen lassen.
Und idealerweise ist es natürlich sinnvoll, die Haltungsbedingungen zu überdenken und zu verbessern.
Hier nun zu dem Thema "Magengeschwür" meine Empfehlungen zur prophylaktischen Unterstützung des Pferdes.
Wichtig ist, die Magenschleimhaut mit Schleimstoffen zu versorgen und entzündungshemmend, aufbauend und entsäuernd einzuwirken. Ich arbeite selbst immer gerne mit der Natur. Sie ist die, die heilt.
Schleimbildende Stoffe sind wichtig, wie Pektine. Flohsamenschalen und Leinsamen sind wohltuend für den Magen und unterstützen außerdem auch die Verdauung im Darmtrakt.
Wichtig dazu sind insbesondere Kräutergaben. Anis, Kümmel, Fenchel sind sehr gut für den Magen und insbesondere Süßholzwurzel hilft hervorragend. Wer möchte, kann auch mit Pfefferminze unterstützen. Diese ist ein super Allrounder und unterstützt darüber hinaus auch die Atemwege sehr gut. Man kann sich das einzeln zusammenstellen oder als Mischung kaufen.
Ich empfehle, das ganze für eine Zeit als Kur zu geben. Und bei Bedarf wird diese Kur nach einer Pause wiederholt.
Im Frühjahr zu Zeiten des Fellwechsels kann man zusätzlich noch den gestreßten Stoffwechsel mit Leber entgiftenden Kräutern unterstützen wie Mariendistel, Artischocke, Brennnessel u.a. (Brennnessel enthält außerdem das für Haare und Knochen so wichtige Silicium).
Etwas, was auch extrem gut gereizte Magenschleimhaut beruhigt und lindert, ist Aloe-Vera-Saft. Diesen gibt es pur in der Drogerie. Man muß nur schauen, daß er frei von jeglichen Zusätzen ist. Davon täglich einen Eßlöffel voll geben.
Das Magengeschwür muß auch beim Training Beachtung finden, da es dieses natürlich maßgeblich negativ beeinflußt.
Man kann sich gut vorstellen, daß Pferde mit schmerzendem und kneifendem Magen schlicht wenig Lust haben zu arbeiten. Abgesehen von steifen Gängen zeigen sie dabei folgende Verhaltensmuster:
- Schreckhaftigkeit,
- Bocken/Bockigkeit,
- Sich-Verweigern,
- Widersetzlichkeit,
- Wut/Aggression,
- Scheuen, Hüpfen aus nichtigen Anlässen,
- Panikattacken,
- gestreßte Reaktionen auf Hilfengebung oder auch Apathie und eben Lustlosigkeit (Traurigkeit) beim Arbeiten können Anzeichen von Magenproblemen sein.

Das Pferd bekommt natürlich auch Verdauungsprobleme und kann Nährstoffe nicht mehr richtig verwerten mit all den negativen Konsequenzen, die das nach sich zieht. Für das Training gilt, daß man anhaltende Probleme beim Muskelaufbau bekommt.
Auch die aktuell viel diskutierte Trageerschöpfung wird durch den Schmerzreiz des Magengeschwürs gefördert (eventuell ist es ursächlich beteiligt).
Schau dir dein Pferd genau an und unternimm lieber zu früh als zu spät etwas gegen diese Problematik.
Gute Gesundheit für dich und dein Pferd wünscht dir Patricia.
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Sehr interessant. Hab viel gelernt.
Danke für den wertvollen Hinweis! Die Gründe können doch echt so verschieden sein, wenn das Pferd nicht so geht wie es könnte. Ich werde noch genauer hinschauen. LG Andy